Facetten des Leistungsvermögens eines Jugendspielers

von Robert Hillbrecht (Gastbeitrag für spond.com und kinderfussball.org)

Teil 1

Das Leistungsvermögen unserer Kinder/Jugendlichen hängt nicht nur von körperlichen Merkmalen oder sportlichen Fertigkeiten ab, sondern hat eine Vielzahl von komplexen Einflussfaktoren. Viele Spieler scheitern auf ihren Weg zum Profispieler nicht am fußballerischen Talent, sondern immer häufiger an einfachen Dingen des Lebens.  Die Entwicklung der Kinder hat viele Facetten und die individuellen Rahmenbedingungen bedürfen mehr Aufmerksamkeit. Trainer sind nicht mehr nur Übungsleiter, vielmehr auch Psychologe, Lehrer, Ernährungsberater und Sozialarbeiter in Personalunion.  Zahlreiche scheinbar nebensächliche Kompetenzen bieten dabei vielversprechende Synergieeffekte und sogar die Chance am Ende den Unterschied zu machen. Je besser die Rahmenbedingungen fürs Spielen, Üben und Lernen, desto besser können Spieler verschiedene Alltagskompetenzen entwickeln.

Thesen:

  • Ein Spieler der gut mit Konflikten umgehen kann, kann sich besser beim Training und Spiel auf wichtige Einflüsse konzentrieren
  • Ein Spieler mit guter Bildung und viel Kreativität kann fußballerische Grundlagen leichter durchdringen und schneller Lösungen in schweren Situationen finden
  • Ein Spieler der gesund und fit ist kann beim Training und Spiel mehr Energie abrufen

Drei oberflächliche Thesen, die wahrscheinlich ein Großteil meiner Trainerkollegen unterschreiben würde. Doch wer weiß wirklich welches Kind vor den Spielen vernünftig frühstückt?  Wer übt zielgerichtet den Umgang mit Konflikten statt diese komplett zu unterbinden? Wer achtet konsequent auf das Einhalten von Grundregeln und gefährdet vorsätzlich Siege, weil er gute Spieler aus disziplinarischen Gründen auf der Bank lässt?

Gerade in sozial schwächeren Stadtgebieten sind wir Trainer uns oft gar nicht bewusst welch großen Einfluss wir auf die Kinder haben und welch weitreichende Auswirkungen selbst einfachste Handlungsmuster haben können.  Ein guter Fußballtheoretiker ist noch lange kein guter Kinder- bzw. Jugendtrainer wenn er nicht über Empathie, psychologische Grundkenntnisse und klare soziale Grundsätze verfügt. Nur wer selbst authentisch und klar mit sämtlichen Akteuren interagiert, kann in allen Facetten tiefgründigen und positiven Einfluss auf Kinder- und Jugendspieler nehmen.

1. Fußballerische Fertigkeiten

Die Förderung der sportlichen und fußballerischen Fertigkeiten ist die Kernaufgabe jedes Trainers. Interessantes und abwechslungsreiches Training motiviert Kinder zu guten Leistungen und ermöglichen somit eine gute Entwicklung. Titel und Siege sagen nichts über die Entwicklung von Spieler aus. Überspitzt könnte man sagen:  Siegesserien sind Unterforderung der Spieler.

Lernfortschritte setzen Fehler voraus und Niederlagen sind wichtig. Besonders für junge Spieler.
Natürlich sollen Teams gewinnen und Erfolgserlebnisse haben aber bitte nicht ohne Anstrengung und um jeden Preis. In jeder Handlung und Entscheidung denkt bitte an die Entwicklung, nicht an den Pokal. Wer fürs Ego trainiert, schadet den Kindern.

2. Selbst- und Sozialkompetenzen

Grundwerte bestimmen die Regeln des Zusammenlebens in Gruppen. Wie möchten wir von anderen behandelt werden und wie behandeln wir andere. Je früher wichtige Werte vermittelt und gelebt werden, desto selbstverständlicher werden diese auch später umgesetzt. Die elterliche Akzeptanz der Grundwerte und aktive Unterstützung sind zwingend vorausgesetzt.

  • Fairness und Ehrlichkeit
  • Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft
  • Spaß und Freude
  • Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit

Selbstkompetenzen beschreiben die Fähigkeit, sich mit seinem eigenem Können auseinander zu setzen. Besonders eine gute Selbstreflexion hilft extrem um eigene Stärken zu erkennen und Schwächen zielgerichtet abzubauen.  Bei Kindern sind diese Eigenschaften nicht oder kaum vorhanden und müssen erst erlernt werden.

  • Eigeninitiative
  • Entschlusskraft
  • Reflexionsfähigkeit
  • Kritikfähigkeit
  • Selbstdisziplin
  • Motivation
  • Entschlossenheit

Sozialkompetenzen beschreiben die individuelle Fähigkeit, in Gruppen zu interagieren. Sowohl das Durchsetzen von eigenen Ansichten als auch das Akzeptieren anderer Ansichten, spielen hier eine wichtige Rolle. Auch diese Fähigkeit besitzen jüngere Kinder kaum und müssen schrittweise erlernt werden.

  • Kommunikation
  • Kooperation
  • Moral
  • Konfliktfähigkeit

 3. Bildung und Kreativität

Fußballerische Grundlagen gedanklich zu durchdringen, erfordert ein großes Maß an Konzentrationsfähigkeit und Vorstellungsvermögen. Auf technische bzw. methodische Lösungswege in Stresssituation zurückzugreifen, erfordert Übung und einen klaren Kopf. Gute schulische Leistungen tragen hierzu positiv bei und machen Spieler besser. Abstrakte Übungen und Spielformen zu analysieren kann durch den Trainer zielrichtet gefördert werden aber hier ist auch ein kluger Kopf gefragt. Spielintelligenz und schulische Leistungen haben zwar kein zwingenden Zusammenhang, jedoch ist auf die Schule immer besonders Rücksicht zu nehmen. Bildung geht vor Hobby!

4. Gesundheit und Ernährung

Die Gesundheit eines Spielers spielt eine zentrale Rolle um sportliche Höchstleistungen zu bringen. Nur wer gesund und munter ist, kann die vielseitigen Herausforderungen im Fußball bewältigen.
Wer die falschen Schuhe an hat, friert oder ein leeren Magen hat, kann keine 100% geben.
Besonders die Ernährung ist ein wichtiger Faktor und wirkt sich besonders auf die Leistungsfähigkeit aus.

Akzeptanz und positive Unterstützung im Elternhaus ist ein Schlüsselfaktor für die Förderung !

Zwar kann ein Trainer auf bestimmte Faktoren Einfluss nehmen, jedoch nur, wenn auch das Elternhaus diese Maßnahmen unterstützt. Erklärt ein Trainer die Bedeutung von gesunder Ernährung und zum Abendessen gibt es zuhause trotzdem jeden Tag Fast Food, wird kein positiver Effekt einsetzen. Bei der Förderung jeder einzelnen Facette ist es zwingend erforderlich, auch die Eltern mit ins Boot zu holen. Nur wenn im Elternhaus die Akzeptanz vorhanden ist, haben wir Trainer auch Möglichkeiten. Hierfür bieten sich regelmäßige Elternabende an wo den Eltern die Lernziele und deren Bedeutung detailliert erläutert werden. Zur Unterstützung bietet sich eine kurze schriftliche Erläuterung ebenfalls an. Auch regelmäßige Gespräche am Platz gehören dazu. Hier muss jeder seinen eigenen Weg finden wie er mit den Eltern kommuniziert.

Weiterhin hängt der Grad der Beeinflussung stark von der Grundsubstanz des Elternhauses ab. Während ein Elternhaus bereits auf gesunde Ernährung, schulische Leistungen und einen vernünftigen Umgangston achtet, ist dies in anderen Elternhäusern weniger ausgeprägt. Dies zu erkennen und entsprechend richtig zu handeln, ist nicht immer leicht.  Am Ende seid ihr nur der Trainer und kein Elternteil.

  • Beginnt erst mit Maßnahmen wenn ihr ein klaren Blick auf Umstände und Situation habt
  • Unterstützt aber verurteilt nicht
  • Viel ist möglich aber nicht alles immer nötig
  • Wisst aber vermutet nicht
  • Hilfsangebote können auch negativ aufgefasst oder missverstanden werden

Teil 2

Ansätze zur Förderung ausgewählter Facetten

In diesem Kapitel stelle ich unterschiedliche Ansätze und Werkzeuge vor die euch bei der Ausbildung der genannten Kompetenzen unterstützen können. Dies sind keine Allzweckwaffen die zwingend erfolgreich sein müssen, sondern ausschließlich Ideen die euch Anregungen geben sollen. Achtet beim Anwenden auf die familiären Rahmenbedingungen und wägt ab, ob eine Maßnahme überhaupt zielführend ist.

1. fußballerische Fertigkeiten

Auf die Förderung der fußballerischen Fertigkeiten möchte ich nicht tiefer eingehen denn es gibt hier zahlreiche unterschiedlicher Möglichkeiten und Ansätze. Nur 3 allgemeine Tipps möchte ich geben die häufig zu kurz kommen.

  • Spaß haben und ein fairen Wettkampf bestreiten!
  • Loben, Loben, Loben
  • Ruhe beim Spiel!

Achtet bei Spielen auf Ruhe am Spielfeldrand. Eltern sollen nur anfeuern und keine Kommandos geben. Auch als Trainer muss ich nicht jeden Spielzug einfordern. Unsere Spieler sollen selbstständig Handlungen vornehmen und eigene Lösungswege finden. Während der Halbzeitpause 2-3 Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen reicht aus und ist leichter für die Kinder zu verstehen/merken. So kann sich ein Kind besser fokussieren und wird die Ratschläge auch eher umsetzen. Die Kinder sollen eigene Erfahrungen sammeln auch wenn sie mal mehr Fehler als üblich machen. Das gehört dazu!

Bei der Entwicklung der fußballerischen Fertigkeiten sollte einem bewusst sein, dass ein Lern- bzw. Entwicklungsprozess nie linear verläuft und immer auch mit Rückschritten verbunden ist.  In diesen Phasen zeigt sich ein guter Trainer. Wer es schafft ein Jugendspieler in schwierigen Phasen positiv zu motivieren und den Frust in Lernbereitschaft umwandelt, bietet beste Entwicklungsmöglichkeiten.

 2. Selbst- und Sozialkompetenzen

2.1. Grundwerte

Dieses Gebiet ist eines der umfangreichsten Themen und bedarf viel Sorgfalt, Durchhaltevermögen und eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Grundwerte die vom Elternhaus nicht gelebt werden, sind nur schwer zu festigen. Die eigentliche Arbeit beginnt bei den Eltern.

Es empfiehlt sich bereits zur Gründung des Teams mit den Eltern klare Rahmenbedingungen festzulegen unter denen ihr Trainer mit den Kindern arbeiten wollt. Erläutert eure Grundregeln für das Team und halte sie am besten schriftlich fest. Zusätzlich kann man sich die festgelegten Mannschaftsregeln unterschreiben lassen um eine noch höhere Identifikation zu erreichen. Besonders zu Beginn gibt es eigentlich immer Kinder die zu spät kommen, Eltern die nicht absagen oder am Spielfeldrand der 2. Trainer sein wollen. Unterbindet solches Verhalten konsequent und erklärt warum es kontraproduktiv ist. Wenn sich Verhaltensmuster erstmal eingeschliffen haben, sind diese nur schwer wieder abzugewöhnen.

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“

Ein Rollenspiel in dem die Eltern Fußball spielen und die Kinder draußen die Eltern imitieren, wird auch den Letzten überzeugen.

Je älter die Kinder werden, desto mehr sind sie in die Mannschaftsregeln einzubeziehen.
Ab ca. 10-11 Jahren könnt ihr mit den Kindern neue Mannschaftsregeln aufstellen und aktiv mit einbeziehen.  Ein Mannschaftsabend an dem jeder seine Vorstellungen mit einbringen kann, verschafft ein viel größeres Bewusstsein als stupide Vorschriften zu machen. Jedes Kind kann Vorschläge machen, die mit in die Regeln aufgenommen werden.

Das „Warum“ ist hierbei eine zentrale Frage und für die Kinder von hoher Bedeutung. Dies sollte kindergerecht erläutert und mit Beispielen untermauert werden. So schafft man eine Bindung zu den Regeln. Ansonsten gilt: Vorbild sein und die Grundwerte konsequent selber leben. Imitieren ist im Kindesalter eine wichtige Lernmethode und findet oft auch unterbewusst statt.

Beispiel einer Mannschaftsregel:

Wir sind pünktlich!

Diese Regel ist wichtig weil:

  • wir nur begrenzt Trainingszeit haben
  • es keinen Spaß macht auf Spieler zu warten
  • die Übung schon begonnen hat und der Trainer nicht alles 2-3 Mal erklären will
  • Teams bereits eingeteilt wurden

 2.2. Selbstkompetenzen

Diese Kompetenzen sind besonders wichtig, denn auf dem Weg zum Fußballspieler gilt:
„Wille schlägt Talent“. Nur wer bereit ist unermüdlich an seinen Fähigkeiten zu arbeiten und sich selbst motivieren kann, schafft den Sprung in den Leistungsfußball. Kinder mit guten technischen Fähigkeiten gibt es zahlreich, doch leider scheitern sie nicht selten an dem eigenen ICH. (z.B. durch Überheblichkeit, Genügsamkeit und Egoismus) Gerade nach dem Sprung in ein NLZ oder an den DFB-Stützpunkt denken viele Kinder, sie haben es geschafft.  Die Erkenntnis, dass dies nur der erste Schritt ist und man sich noch viel mehr ins Zeug legen muss, kommt oft zu kurz. Sein eigenes Ich andauernd zu reflektieren und Verbesserungsvorschläge anzunehmen ist eine Schlüssel-Kompetenz.

Im Kindesalter ist es schwer diese Kompetenzen zu erlernen, denn das Kinder-ICH ist von Grund auf egoistisch und selbst überzeugt. Erst im Laufe der Entwicklung können Kinder Kritik annehmen und diese folglich in Motivation umwandeln. Hier spielt die Art und Weise des Trainers eine wichtige Rolle. Leichter verarbeiten lassen sich Verbesserungsvorschläge durch positiv verpackte Verbesserungsvorschläge:
Loben – Verbesserungspotenzial aufzeigen – Handlungsalternative anbieten

Beispiel: „Paul du hast super gedribbelt, doch bei der Ballannahme hast du Zeit verloren. Versuch beim nächsten Mal den anderen Fuß zu nehmen um den Ball schneller mitzunehmen.“

Durch das vorangestellte Lob wirkt die Verbesserung nicht negativ und der Vorschlag gibt dem Spieler eine alternative Handlungsoption. Merkt er im weiteren Verlauf der Übung, dass der Verbesserungsvorschlag bei der Umsetzung hilft, wird er diesen akzeptieren und verarbeiten.

Die Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten kann man nur schrittweise erlernen und gestaltet sich nicht selten als sehr schwierig. Hier gibt es bereits zahlreiche Vorlagen von Selbsteinschätzungsbögen, doch ein Patentrezept gibt es nicht. Macht euch selber Gedanken welche Eigenschaften und Fähigkeiten ihr erfragen wollt. Bei jüngeren Kindern konzentriert euch auf die Stärken und benutzt Superlative wie:  stark – sehr Stark – super Stark. Kritik bzw. Negatives kann ein Kind noch nicht richtig einordnen und es leidet eher das Selbstwertgefühl. Deshalb vorerst:
„Was kannst du besonders gut?“ Im weiteren Verlauf können strukturelle Einschätzungen und Messungen durchgeführt werden um Ausbaupotenziale herauszufinden und klare Ziele herauszustellen. Hier geht es nicht um Ergebnisse wie z.B. Gewinnen der Staffelmeisterschaft, sondern um Ziele die man an seine eigenen Fähigkeiten ausrichtet. Ziele helfen Spielern sich zu motivieren und regen die Eigeninitiative an. Idealerweise lassen sich die Ziele konkret messen was in der Realität oft schwierig ist. Den Drang nach Leistungssteigerung zu entfachen oder anzufeuern, ist das höchste aller Ziele als Trainer. Ein Feedback zu der Selbsteinschätzung gibt dem Spieler die Möglichkeit, sich selbst besser zu reflektieren. Helft euren Spielern etwas über sich selbst zu lernen und sucht ca. 1-2 Mal im Jahr die Möglichkeit für ein ausführliches Feedbackgespräch. Bevor ihr eure Meinung dem Spieler mitteilt, lasst ihn sich selbst bewerten. Das fällt zwar Anfangs schwer aber ist ein wichtiger Lernprozess für die Zukunft. Ebenfalls könnt ihr mit geschickten Fragen den Spieler lenken und so induktives Lernen ermöglichen.

Auf die Entschlossenheit haben wir nur bedingt Einfluss. Helft euren Spielern mit z.B. Artikeln oder Geschichten von Idolen, die aufzeigen, wie hart das Fußballleben manchmal sein kann. Möchtest du so gute Freistöße wie CR7 schießen, dann musst du üben. viel üben. sehr viel üben. Das hat Christiano früher auch gemacht (Interview mit CR7).

2.3. Sozialkompetenzen

Erlernen muss man diese Fähigkeit alleine durch Erfahrung, doch auch hier kann man als Trainer mitwirken. Um das Sozialverhalten der Kinder zu stärken, muss man als Trainer verstehen, dass Machtkämpfe ganz normal sind, gerade bei jüngeren Kindern. Besonders wichtig ist es hier, Konflikte im Team zuzulassen um den Umgang mit solchen zu erlernen. Wir Trainer können Hilfestellungen geben aber sollten Konflikte nur im Ausnahmefall unterbinden. Begleitet Konflikte und legt schrittweise Grundregeln fest, wie z.B. „Wenn wir uns Streiten werde ich nicht lauter“. Auch Rollenspiele helfen, um Kindern die Gefühle der Gegenpartei aufzuzeigen. Ausdrücken zu können was einem am Verhalten des Kontrahenten nicht gefallen hat, ist schwer aber kann mit etwas Übung erlernt werden. Jedes Team muss sich entwickeln und jedes Kind muss seinen Platz erst finden.
Nicht immer ist das leicht. Wir können hierbei zwar ein wenig unterstützen, doch austragen müssen die Kinder ihre Konflikte selber. So lernen sie den Umgang und finden später leichter Lösungen aus schwierigen Situationen.

Bei Kindern mit Problemen ihren Platz zu finden hilft nur regelmäßiges Reden und ggf. einige individualisierte Übungen. Bei wenig selbstbewussten Kindern empfehlen sich bspw. Aufgaben mit Überwindung von Ängsten (Höhe, fremde Kinder ansprechen etc.). Sein eigenes ICH zu verstehen und zu akzeptieren, stellt so manch Einen vor echte Probleme und bedarf einiges an Fingerspitzengefühl. Jeder Spieler hat unterschiedliche Charakterzüge, die ich als Trainer mal mehr und mal weniger beeinflussen kann. Nach meiner Erfahrung, können Kinder sehr gut Empathie entwickeln, wenn man sie dabei unterstützt.  Bei Meinungsunterschieden selbstständig Kompromisse zu finden und diese auch zu akzeptieren, ist das Lernziel, um ein angenehmes Mannschaftsklima herzustellen. Das gesamte Gefüge kann durch Kooperationsspiele immer wieder gestärkt werden. So ermöglichen wir eine gute Entwicklung vom egoistischen Kind zum teamfähigen Jugendspieler.

Ich bin gut, wir sind besser“ lautet der Grundsatz.

Im späteren Verlauf der Entwicklung empfiehlt  es sich, die Kinder Streitigkeiten selbständig lösen zu lassen. Als Hilfestellung kann ein Streitschlichter im Team bestimmt werden. Gibt es Unklarheiten die nicht selbstständig gelöst werden können, wird dieser als neutrale Person hinzugezogen und unterstützt bei der Lösung. Dies kann, muss aber nicht der Mannschaftskapitän sein.

Im älteren Bereich (U15 – U18) kann man die Jugendlichen gut mit dem Junior-Coach-Ansatz fördern.
Wenn Jugendliche selbst in die Rolle des Trainers schlüpfen, erhalten sie tiefe Einblicke in die Vielschichtigkeit der Aufgaben und haben es im eigenen Team einfacher, den Trainer bei Entscheidungen oder taktischen Ansagen zu verstehen.  Die Steigerung des Selbstwertgefühls und das Ausprägen von Verantwortungsbewusstsein ist für Jugendliche ein wichtiger Halt in einer schwierigen Zeit der Selbstfindung.

Erfahrungen sind hierbei der beste Lehrer. Grundsätzlich wird ein Kind/Jugendlicher schnell merken, ob seine Verhaltensmuster von der Allgemeinheit akzeptiert werden oder nicht. Moderiert Konflikte und helft beim Umgang mit Emotionen. Wut und Frust in Motivation und Leistung umzusetzen ist schwer, aber nicht unmöglich.

3. Bildung und Kreativität

3.1. Bildung

Sicher, wir Trainer können nicht jeden Spieler zu einem schulischen Überflieger machen oder komplexe Probleme in der Schule lösen, doch Hilfestellungen sind durchaus möglich.
An erster Stelle steht hier, das Interesse.  Weiß ich über die schulischen Leistungen meiner Spieler Bescheid, kann ich bei Problemen auch bedingt gegensteuern. Informationen erhält man wiederum nur aus Gesprächen mit meinen Spielern. Zeigt Interesse! Gespräche kann man besonders gut, während der Anreise zu einem Spiel, vorm Training oder während anderer Pausen. So erhält man einen groben Einblick und die Kinder bemerken Interesse, was manchmal schon zu erhöhter Motivation führen kann.

Ein weiterer Schritt ist das Vorzeigen von Zeugnissen. Dies erfolgt freiwillig, unter vier Augen  und nicht zum Zwecke der Bloßstellung. Gute Leistungen können hier speziell hervorgehoben werden und aufgezeigte Verbesserungspotenziale motivieren Kinder manchmal zusätzlich. Die Antwort auf die Frage,  „Warum muss ein Fußballspieler gut in der Schule sein?“, hilft den Kindern die Bedeutung zu verstehen.

Im Trainingsbetrieb können kleine Denkaufgaben gestellt und als Wettbewerb spaßbringend verpackt werden. So kann man z.B. verschiedene Handlungen oder Bewegungsabläufe bei geraden und ungeraden Zahlen ausführen lassen. Diese Zahlen ruft man nicht einfach rein, sondern stellt sie in Form von Rechenaufgaben. Hierbei kann das Kopfrechnen immer wieder geübt und gefestigt werden.

Ebenfalls sehr förderlich ist es, den Kindern Texte zum Lesen und Verstehen mitzugeben. Diese Texte enthalten fußballerische Themen und werden mit Hilfe von gezielten Fragen reflektiert. So ist es möglich, sowohl die Lesekompetenz zu steigern, als auch das theoretische Verständnis für den Fußball zu fördern. Achtet hierbei besonders auf das Alter der Kinder. Die Kinder sollten die Texte auch verstehen können.

Weiterhin kann das Lesen auch durch Mannschaftstauschzirkel gefördert werden. Ich habe diesen zusammen mit einem Gebrauchtbücherportal realisiert, wobei jedes Kind ein Band der „Teufelskicker“ erhalten hat. War jemand fertig mit dem Buch, wurde untereinander getauscht. Die Motivation entspringt allein schon aus dem Gedanken,  schnell tauschen zu wollen bzw. zu zeigen wie fleißig man lesen kann. Wollte ein Kind mit seinem Kumpel tauschen oder ein bestimmten Band gerne haben, hat er den anderen Spieler zum schneller lesen motiviert.

Schreibaufgaben kann man besonders gut nach Ereignissen und Veranstaltungen platzieren.

Themenbeispiele:

  • Schreibt 5 Sätze was euch bei dem Ausflug besonders gefallen hat
  • Was muss ein guter Fußballspieler können?
  • Beschreibe deine schönsten Fußballmomente aus diesem Jahr
  • Was bedeutet Fairplay?

Als letzte Maßnahme ist das Durchführen von Wettbewerben ein toller Ansatz um die Kinder zu fordern. Auf Teamabenden ist immer Platz für ein Quiz das die Kinder altersgerecht fordert. Das macht Spaß und erhöht den Wissenshorizont.

Insgesamt habe ich gute Erfahrungen mit der Unterstützung des schulischen Bereichs gemacht und kann komplexe Fragestellungen des Fußballs mit den Kindern wesentlich leichter erarbeiten, als mit manch anderen Teams in der Altersklasse. Ein fitter Kopf, gute schulische Leistungen und ein gutes Allgemeinwissen, können nur förderlich,  statt hinderlich sein. Investiert hier etwas Zeit. Es lohnt sich.

3.2. Kreativität

Seit Jahren beklagen Trainer und Fußballgrößen fehlende Kreativität bei Jugendspielern.
Bausteine, Lego, Actionfiguren und Malstifte, verschwinden aus mehr und mehr Kinderzimmern und die Kinder driften in die digitale Scheinwelt ab. Bunte Digitalwelten verdrängen die Fantasiewelten eines Kinderkopfes und stumpfen immer mehr ab. Schon leichte Kreativaufgaben wie reimen oder malen, fällt den Kindern schwer. Die multimediale Beschäftigung fängt schon in jüngsten Kinderjahren an und konventionelle Beschäftigungsmethoden rücken in den Hintergrund. Es macht die Beschäftigung der Kinder leichter aber leider auch eintöniger. Ganze „Fantasiewelten“ werden vorgegeben und nicht mehr selbst im Kopf erschaffen. Aus einfachen Dingen fantasievolle Spiele zu erschaffen, ist den Kindern immer weniger möglich.

Um die Kinder wieder mehr zu fordern, bedarf es im Trainingsalltag mehr Aufgaben, bei denen die Lösungen nicht fest vorgeschrieben werden. Auch wenn die Kinder nicht sofort das „Richtige“ machen, gebt ihm die Zeit selbstständig Erfahrungen zu sammeln, statt immer gleich ein Optimum vorzugeben. Lasst auch die Kinder sich Übungen, Passstafetten und Variationen ausdenken. Daran haben sie Spaß, müssen im Kopf aktiv werden und können ihre Fantasie ausleben.

Teamabende bzw. Spielabende stärken nicht nur das Gruppengefüge sondern eignen sich besonders gut für kreative Aufgaben. Spielt, bastelt, malt, dichtet, baut und denkt mit euren Spielern. Habt Spaß und fordert und fördert die Kreativität in allen Bereichen. Man wird es auch dem Fußballplatz bemerken.

Begleitend könnt ihr immer wieder kreative Hausaufgaben verteilen wie z.B. schreibe eine Fußballgeschichte, mal ein Bild von deinem Wunschtrikot, denk dir eine Trainingsübung aus, überlegt euch ein Schlachtruf, malt mit Kreide ein Parcour für Sprünge und Schritte, mal ein eigenes Wappen, denkt euch einen eigenen Hindernissparcour für die Halle aus und so weiter. Auch der Fantasie der Trainer sind hier keine Grenzen gesetzt.

4. Gesundheit und Ernährung

Die Förderung der Gesundheit bzw. gesunden Ernährung ist nur bedingt förderbar, da sie überwiegend  im Elternhaus stattfindet. Trotzdem gibt es hier unterstützende Maßnahmen um zu mindestens aufzuklären.

Ein wichtiger Punkt ist, die richtige und wetter gerechte Kleidung. Informiert eure Eltern und Kinder z.B. über das richtige Schuhwerk, Winterkleidung und das Umziehen an sich. Legt ggf. eine Kleiderordnung fest, in der grob geregelt ist, was zum Training und Spiel anzuziehen bzw. mitzubringen ist.   Gibt man ein schriftliches Exemplar mit nachhause und macht regelmäßig auf unangebrachte Kleidung aufmerksam, wird es weites gehend klappen.

Gerne tragen Kinder die Schuhe ihrer Idole, doch häufig ist die Qualität bei trendigen Modellen nicht sonderlich gut. Meiner Meinung nach empfiehlt es sich, grundsätzlich auf zu lange Stollen zu verzichten. Mit Ausnahme von tiefen oder nassen Rasen, sind Tausendfüßler (Multinocken) deutlich praktischer und gesünder für den anfälligen Kinderfuß.

So genannte Sneakersocken sind viel verbreitet doch leider nichts für den Sport. Besonders nicht im Winter. Gerade in der Ferse fehlt bei diesen Socken der nötige Schutz und das Leder hat direkten Hautkontakt. Hierbei  entsteht Reibung und Druck im oberen Bereich der Ferse, was zu Problemen, Entzündungen und Schmerzen führen kann. Am besten während des Sports komplett darauf verzichten und lange Socken bzw. Sportsocken verwenden.

Habt in diesem Bereich einen langen Atem und weist die Eltern und Kinder immer wieder darauf hin, um Krankheiten und Verletzungen vorzubeugen.

Die richtige Ernährung der Kinder können wir kaum aktiv beeinflussen, denn Mahlzeiten werden in der Regel im Elternhaus eingenommen. Hier ist es ausschließlich möglich, kleine Nadelstiche zu setzen. Gebt Vorschläge für ein gutes PreMatch-Essen und erfragt regelmäßig, ob die Kinder ausreichend gegessen haben. Das richtige Essen vor dem Spiel ermöglicht es, während des Wettkampfes viel Energie abzurufen und wirkt sich direkt auf die Leistungsfähigkeit aus. Auch das reichhaltige Trinken mit Hilfe von Ritualen einfordern.

Kleine Workshops mit oder ohne Eltern, sind eine gute Abwechslung zum Training und vermitteln grundsätzliches Wissen.

Workshop-Beispiele:

  • Müsli- und Frühstücksworkshop (Wir mixen unseren eigenen Müsli)
  • Gemeinsames zubereiten und verzerren eines PreMatch-Essens
  • Brotworkshop (Unterschiede und selber backen)
  • Obst (Bedeutung und Unterschiede / Welches Obst kann was?)

 Fazit

Das Leistungsvermögen unserer Spieler hat viele Facetten, die wir je nach elterlicher Akzeptanz, unterschiedlich tief beeinflussen bzw. fördern können. Ein gutes Wissen über die familiären Umstände erfordert einiges an Mühe, hilft aber, Verhaltensmuster oder auftretende Herausforderungen einordnen zu können. Je besser wir über unsere Spieler Bescheid wissen, desto detaillierter können wir auch fördern. Haltet immer ausführlich Rücksprache mit den Eltern um Missverständnisse und Tabugrenzen nicht zu überschreiten. Erziehungsmaßnahmen dürfen nicht ansatzweise in Frage gestellt, sondern ausschließlich positiv unterstützt werden.

Arbeitet als Team an der positiven Entwicklung des Kindes und nicht gegeneinander.

Jugendspieler sehen uns Trainer nicht selten als wichtigen Ankerpunkt in ihrem noch jungen Leben, umso wichtiger ist es, sich vernünftig zu verhalten und Grundregeln konsequent zu befolgen. Dies gibt den Kindern Sicherheit und einen günstigen Rahmen ihre Fähigkeiten optimal zu entwickeln. Habt einen langen Atem und jede Menge Fantasie bei der Umsetzung. Je kreativer, desto besser. Achten sollten Trainer trotz aller Fördermaßnahmen auf eine gewisse Distanz zu seinen Spielern. Trainer müssen Trainer bleiben und nicht zum besten Kumpel oder gar Vaterersatz werden.

Am Ende muss jeder Trainer für sich wissen wie tief er leistungsunterstützende Kompetenzen fördern möchte, aber es kann sich lohnen. Beobachtet, hört zu, hinterfragt aber vor allem, bleibt Mensch!

Viel Erfolg!

Zusammenfassung: